Muttis Mythos: Lesen im Dunkeln verdirbt die Augen

Wenn es nach Mutti geht, müsste das Sehvermögen ganzer Generationen beeinträchtigt sein. Warum Lesen im Dunkeln zwar müde macht, den Augen in der Regel aber nicht weiter schadet

Kolumnen
Von Anna Biß, 30.08.2022 0 Kommentare

Neuerdings verlangen beide Kinder abends nach ihrer Taschenlampe, um noch im Bett lesen zu können. Ganz offiziell. Nicht heimlich unter der Bettdecke wie unsere Generation früher, sondern meistens sogar mit mir zusammen.

Warum wir alle drei dabei regelmäßig einschlafen, der Eltern-Spruch: "Wenn Du im Dunkeln liest, verdirbst Du Dir die Augen", aber ein Mythos ist:

Fakt ist, dass die Augen beim Lesen in schummrigen Licht schneller müde werden. Gerade kleine Buchstaben zu entziffern, ist für unsere Augen bei schlechtem Licht schwieriger als bei guten Lichtverhältnissen. Lesen im Dunkeln kann auch zu geröteten Augen oder zu Kopfschmerzen führen. Studien beweisen aber: Unser Sehvermögen nimmt dabei in der Regel keinen Schaden – solange sich die Augen in der Nacht im geschlossenen Zustand ausreichend erholen können.

Dass die Augen bei schlechtem Licht schneller ermüden, liegt daran, dass der Ringmuskel rund um die Iris, stärker arbeiten muss. Bei Dunkelheit zieht er sich zusammen, wodurch sich die Pupille weitet. Darunter leidet die Tiefenschärfe. Das bedeutet, dass wir in Dunkeln etwas verschwommener sehen. Dann auch noch kleine Buchstaben zu entziffern oder Details in Bildern zu erkennen, ist für unser Auge also sehr anstrengend. Dadurch ermüden sie schneller.

Wie so oft hat dieser Mythos aber vielleicht doch einen wahren Kern: Denn Licht kann tatsächlich Einfluss auf das Sehvermögen nehmen, nämlich bei der Kurzsichtigkeit. Diese entsteht durch eine Überlänge des Augapfels. Und dessen Wachstum wird durch Tageslicht gehemmt, er wächst im Dunkeln also schneller als im Hellen.

Aber Mutti: Kinder, die tagsüber genug im Freien unterwegs sind und nachts schlafen, können abends getrost ein wenig im Schummerlicht lesen, ohne davon kurzsichtig zu werden – oder sich anderweitig "die Augen zu verderben".


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