Muttis Mythos: Apfel reinigt die Zähne

Ums Zähneputzen ranken sich viele Mythen. Zum Beispiel: ein Apfel ersetzt die Zahnbürste. Sinn oder Unsinn? Wir stellen Muttis Sprüche auf den Prüfstand

Kolumnen
Von Anna Biß, 28.01.2022 0 Kommentare

Mein Sohn hat jetzt eine Naschibox. Einmal am Tag darf er sich etwas zum Naschen rausnehmen. Einzige Regel: nicht vor dem Frühstück. Das führt dazu, dass unsere Morgenroutine um einen Punkt reicher geworden ist: Anziehen, Zähneputzen (oder auch nicht), "gesund" Frühstücken, Naschibox, erst- oder nochmals Zähneputzen, Kindergarten. Aber halt ... Sagt Mutti nicht immer, ein Apfel reinigt die Zähne. Wie verlockend. Ein Stück Apfel nach dem Naschen würde der Kleine nochmaligem Zähneputzen sicher vorziehen – und ich würde nicht so unter Zeitdruck geraten.

Unsinn ist es trotzdem! Nach dem Essen eines Apfels fühlen sich unsere Zähne zwar sauberer an. Das ist aber rein oberflächlich. Natürlich ersetzt er weder Zahnbürste noch Zahnpasta, Zahnseide und Co.

Also doch Zähneputzen. Aber wann? Immer wieder liest man, nach dem Essen – ein wahrer Säureangriff auf die Zähne – soll man mindestens 30 Minuten mit dem Putzen warten. Eine utopische Vorstellung an einem Morgen mit Kindern.

pH-Wert im Mund

Der pH-Wert in der Mundhöhle wird vom Speichel bestimmt und liegt normalerweise im neutralen Bereich zwischen 6 und 7,5. Je mehr Säure ein Lebensmittel enthält, desto niedriger ist sein pH-Wert. Nach dem Verzehr sinkt auch der pH-Wert in der Mundhöhle. Die Säure entzieht dem Zahnschmelz Mineralstoffe und weicht ihn auf. Das wiederum macht ihn anfälliger für zerstörerische Bakterien und Erosionen (Zahnschmelzabbau / Schädigungen der Zahnsubstanz).

Zucker wird von den Bakterien im Mund ebenfalls in Säure umgewandelt. Aber: "Die Säuren, die nach dem Konsum von Süßigkeiten in der Plaque entstehen, verursachen keine Erosionen, sondern Karies. Hier ist es sehr wichtig, nach dem Konsum Fluorid zur Remineralisation zuzuführen", erklärt Prof. Dr. Stefan Zimmer, Fachzahnarzt und Dekan für Gesundheit an der Universität Witten / Herdecke.

Die gängige Empfehlung nach dem Verzehr von säurehaltigen Lebensmitteln oder Getränken mindestens 30 Minuten mit dem Putzen zu warten, um den Zahnschmelz nicht zusätzlich anzugreifen, ist übrigens veraltet. Laut Prof. Dr. Stefan Zimmer, an der Universität Witten / Herdecke unter anderem zuständig für Zahnerhaltung und Präventive Zahnmedizin, hat dieses Abwarten neueren Untersuchungen zufolge keinen Effekt darauf, wie sehr die Zähne durch die Säure geschädigt und beim Putzen "abgeschliffen" werden.

Also lieber direkt nach dem Essen putzen, insbesondere nach dem Verzehr von Süßigkeiten, denn Zucker führt zu Karies (übrigens auch der Fruchtzucker im Apfel!). Wichtig ist, sowohl nach sauren Lebensmitteln als auch nach Süßigkeiten, mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta zu putzen. Sie sorgt dafür, dass sich die Zähne remineralisieren.

Außerdem empfiehlt Zimmer saure Getränke in großen Schlucken zu trinken, damit die Zähne der Säure nur möglichst kurz ausgesetzt sind. Am schlimmsten für die Zähne ist ständiges Nippen an säurehaltigen Getränken über einen längeren Zeitraum.

Also Mutti: so sehr es auch nervt ... Wir putzen weiterhin nach dem Frühstück und dem Naschen die Zähne und essen den Apfel später. Denn grundsätzlich sind Äpfel sehr gesund!


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